Robben beobachten an Nord- und Ostsee

Das Beobachten von Robben am Strand und auf Sandbänken ist für viele Strandtouristen ein Highlight. An den Nord- und Ostseeküsten von Dänemark und Deutschland haben Sie dazu fast das ganze Jahr über Gelegenheit. Um die possierlichen Meeresbewohner in ihrem natürlichen Lebensraum nicht zu sehr zu stören, müssen Sie einige Regeln beachten.

Die wichtigsten Infos zusammengefasst:

  • 2 von weltweit insgesamt 32 Robbenarten leben im Nord- und Ostseeraum: Die Kegelrobbe und der Seehund.

  • Halten Sie beim Beobachten von Robben stets einen Mindestabstand von 100 Metern ein.

  • Kommen Sie einem Jungtier nie zu nah. Es besteht die Gefahr, dass es von der Mutter verstoßen wird.

Eine kurze Robbenkunde

Im Nord- und Ostseeraum können Sie 2 von weltweit insgesamt 32 Robbenarten beobachten: Die Kegelrobbe und den Seehund. Beide Arten gehören zur Familie der Hundsrobben. Die Kegelrobbe ist zudem das größte Raubtier Deutschlands.

Steckbrief Kegelrobben (Halichoerus grypus):

  • Maximale Länge: 230 cm
  • Maximales Gewicht: Bis zu 330 kg
  • Markenzeichen: lange, kegelförmige Schnauze
  • Farbe: Graues Fell mit dunklen oder hellen Flecken
  • Werden bis zu 45 Jahre alt
  • Können bis 300 Meter tief und 7 Minuten lang tauchen (im Schlaf sogar bis zu 30 Minuten)
  • Wurfzeit: Dezember bis Februar
  • Neugeborene können nicht sofort schwimmen

Steckbrief Seehunde (Phoca vitulina):

  • Maximale Länge: 170 cm
  • Maximales Gewicht: 110 kg
  • Markenzeichen: Rundlicher Kopf und kurze Schnauze
  • Farbe: Graues Fell mit kleinen, hellen Sprenkeln
  • Werden bis zu 35 Jahre alt
  • Können bis 200 Meter tief und 7 Minuten lang tauchen (im Schlaf sogar bis zu 30 Minuten)
  • Wurfzeit: Juni bis August
  • Neugeborene können sofort schwimmen

Sozialverhalten, Paarungszeit und Aufzucht der Jungtiere

Robben sind meist keine besonders sozialen Tiere. Sie brauchen ihren Freiraum und jagen gern allein. Trotzdem kommen sie gelegentlich in Gruppen an Land. Zur Paarungszeit bilden Robben Harems aus mehreren Weibchen und einem Männchen.

Seehunde paaren sich im Hochsommer und Kegelrobben im Winter. Nach elf Monaten bringen Robben ihre Jungen auf einer Sandbank oder an der Küste zur Welt. Dafür brauchen sie viel Ruhe.
Neugeborene Seehunde werden mit kurzem, dichten Fell geboren und können sofort schwimmen. Sie werden rund vier Wochen gestillt. Durch die fetthaltige Milch legen sie sich rasch ein Fettpolster zu. Nach der Stillzeit sind sie auf sich allein gestellt.

Kegelrobben kommen mit einem weichen Fell (Lanugo) zur Welt, mit dem sie noch nicht schwimmen können. Sie werden von der Mutter etwa zwei bis drei Wochen gesäugt. Danach verlieren sie ihr weißes Fell und müssen selbstständig auf die Jagd gehen.

Um auf Nahrungssuche zu gehen, lassen Robbenmütter ihre Jungen oft mehrere Stunden an Land allein. Durch lautes Heulen versuchen die Jungen ihre Mutter wieder zurückzuholen. Ein einzelner Heuler am Strand ist i. d. R. aber nicht auf Hilfe angewiesen. Meist kehrt die Mutter nach einiger Zeit wieder zurück.

Verhaltensregeln beim Robben-Beobachten

Sei es, um sich von der Sonne wärmen zu lassen, für den Fellwechsel oder für die Geburt – Robben gehen ganz bewusst an Land. Fast das ganze Jahr über können Sie die Kegelrobben und Seehunde an der Nord- und Ostsee gut beobachten.

Haben Sie eine Gruppe oder ein einzelnes Tier gesichtet, sollten Sie auf jeden Fall verhindern, dass sich Robben durch Ihre Anwesenheit gestört fühlen. Verzichten Sie also darauf, Robben zu locken, zu füttern oder gar anzufassen. Letzteres kann für Sie sogar gefährlich werden. Fühlen sich Robben bedroht, können sie zubeißen. Ein Robbenbiss tut nicht nur weh, sondern kann wegen der vielen Bakterien im Mund auch Krankheiten übertragen. Vom Füttern können die Tiere zudem nicht nur krank, sondern auch abhängig werden.

Folgende Dinge sollten Sie beim Robbenbeobachten zusätzlich beachten:

  • Halten Sie genügend Abstand von mindestens 100 Metern.

  • Vermeiden Sie Lärm und hektische Bewegungen.

  • Leinen Sie Ihre Hunde an.

  • Versperren Sie nicht den Weg ins Wasser.

Fühlen sich Robben gestört, flüchten sie zurück ins Meer. Dies bedeutet für sie stets einen hohen Energieverlust.

Besondere Vorsicht betrifft ferner den Umgang mit Jungtieren. Riecht ein Junges nach Mensch oder fühlt sich die Mutter durch Menschen gestört, kann es sein, dass sie ihr Kind verstößt. Aber Achtung: Haben Sie ein einzelnes Jungtier gesichtet, heißt das nicht automatisch, dass es verwaist ist und Ihre Hilfe braucht. Meist kehrt die Mutter nach einigen Stunden zurück. Ist das Jungtier aber stark abgemagert, sollten Sie den Tierschutz kontaktieren. Sehr wahrscheinlich wurde es von der Mutter verlassen. In Deutschland werden verlassene Heuler in eine Aufzuchtstation gebracht, um sie wieder aufzupäppeln. Danach werden sie wieder in die Freiheit entlassen.

Tipp: Im Wattenmeer können Robben bei Niedrigwasser auch gut vom Schiff aus beobachtet werden. Außerdem können Sie geführte Wandertouren zu beliebten Sichtungsplätzen buchen. Seriöse Anbieter achten darauf, dass das Wohlergehen der Tiere an erster Stelle steht. Dazu zählt eine langsame und leise Annäherung und genügend Abstand. Für das Beobachten aus der Ferne empfiehlt sich ein Fernglas.

Auf eine auch für Kinder unterhaltsame Art wurden 10 Fakten zu Robben hier in einer Broschüre zusammengestellt. Eine Übersicht der wichtigsten Verhaltensregeln beim Beobachten von Robben finden Sie hier.

Robbensichtung in Dänemark

In Dänemark finden Sie Seehunde und Kegelrobben z.B. nahe des Ortes Thyborøn, im Limfjord oder am nördlichsten Punkt Dänemarks, Grenen.

Mehr Informationen zu beliebten Robben-Sichtungsplätzen an Nord- und Ostsee finden Sie im Interview mit Meeresbiologin Annika Toth.

Kegelrobbe und Seehund in der heutigen Zeit

Viele Jahrzehnte waren die Robben an der Nord- und Ostsee vom Aussterben bedroht. Schuld daran war der Mensch. Da sie zu Beginn des industrialisierten Fischfangs im späten 19. Jahrhundert als Konkurrenz für Fischer galten, wurden Robben intensiv bejagt. Die hohe Schadstoffbelastung des Meerwassers in den 1980ern führte außerdem dazu, dass viele Tiere krank und unfruchtbar wurden. Durch die geschwächte Immunabwehr infolge von Umweltgiften wurden Robben anfällig für Infektionskrankheiten. In den Jahren 1988 und 2002 raffte die Seehund-Staupe 60 % des Seehundbestands im Wattenmeer dahin.

Durch die Verringerung von Umweltgiften sowie durch Jagdverbote hat sich der Bestand an Seehunden und Kegelrobben an der Nord- und Ostsee mittlerweile wieder erholt. Im Wattenmeer leben heute rund 26.500 Seehunde und 4.300 Kegelrobben.

Gute Sichtungschancen haben Sie an den Stränden von Sylt und Amrum sowie nahe der niederländischen Insel Terschelling. Die größte deutsche Kegelrobbenkolonie befindet sich auf der Helgoländer Düne.

Im Wattenmeer gibt es rund 26.000 Seehunde, davon 5.900 in den Niederlanden und 3.000 in Dänemark. Zusätzlich gibt es etwa 5.400 Kegelrobben, davon 4.000 in den Niederlanden und 20 in Dänemark. (Zahlen gerundet, Stand 2018)

Darüber hinaus leben heute etwa 24.000 Kegelrobben an der gesamten Ostsee bis nach Russland. Gute Sichtungschancen gibt es an den Stränden von Usedom und Rügen sowie am Greifswalder Bodden. Auf den Seehund trifft man an der Ostseeküste seltener. Man kann von 8.000 Exemplaren ausgehen.

Aktuelle Gefahren für die Robben im Nord- und Ostseeraum

Obwohl sich die Bestände mittlerweile erholt haben, werden die Robben in Deutschland auf der Roten Liste als „gefährdet“ eingestuft. Schuld daran ist das rücksichtlose Verhalten des Menschen. Durch ihn gelangen jährlich rund 20.000 Tonnen Plastikmüll in die Nordsee. An den großen Plastikteilen, an Glas sowie an Fischernetzen können sich Robben schwer verletzen.

Auch die hohe Belastung mit mikroskopisch kleinen Plastikpartikeln ist ein Risiko für die Gesundheit der Meeressäuger. Dieses Mikroplastik entsteht unter anderem, wenn sich Plastikabfall durch die Bewegung und durch Kontakt mit Steinen und anderen harten Materialien nach und nach im Meer immer mehr zerkleinert. Aber auch in vielen Kosmetikprodukten oder in synthetischer Kleidung ist Mikroplastik enthalten. Über das Abwasser gelangt es in die Flüsse und folglich auch in die Meere. Die Gefahr: Mikroplastik bindet andere Umweltgifte an sich. Je länger es im Wasser ist, desto mehr Schadstoffe werden gebunden. Zersetzt sich Mikroplastik mit der Zeit, werden gefährliche Inhaltsstoffe wie Bisphenol A, Phthalate und Flammschutzmittel frei. Im Meer reichert sich Mikroplastik in Kleinstorganismen wie Krebstieren, Muscheln und Schwarmfischen an und gelangt so in die Nahrungskette. Hormonhaushalt und Erbgut von Robben und aller anderen Arten im Meer werden auf diese Weise langfristig geschädigt. Die hohe Belastung mit Umweltgiften schwächt zudem das Immunsystem. Robben bleiben daher anfällig für Seuchen wie die Seehund-Staupe.